Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 519a)

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Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Dahlmann an Julian Schmidt (6. Juni 1858)

Kleist ging nach Berlin, wo er sich kalt und immer kälter fühlte und, wie ich fürchte, selbst mit seinem Auskommen zu kämpfen hatte. Als mir [1811] die Aussicht, an der Kieler Universität als Professor angestellt zu werden, aufging, schrieb ich von Kopenhagen an Kleist und machte ihm den Vorschlag, zu mir nach Kiel zu kommen und mit mir in einer bescheidenen Gemeinschaft der Güter zu leben, ungefähr wie wir es in Östreich gehalten hatten. Meinen Grundgedanken kannte er, es müsse mit der Napoleonischen Herrschaft, wenn man nur ausharre, schließlich zusammenbrechen. Diesen Brief hat Kleist nie erhalten; es wurden damals in Kopenhagen alle Briefe ins Ausland polizeilich gelesen; so gab ich ihn einem jungen Gelehrten mit, der später seinen Reiseplan geändert und mir den Brief zurückgeschickt hat.

Kleist erlag seiner düstern nagenden Hoffnungslosigkeit, seiner Verzweiflung am Vaterlande, soviel ich irgend weiß, keiner andern Leidenschaft. Sein Tod hat eine Lücke in mein Leben gerissen, die niemals ausgefüllt ist.

(Sembdners Quelle: Kleist, H. v.: Gesammelte Schriften. Hrsg. v. Julian Schmidt. Berlin: Reimer 1859. Bd. 1, Einleitung S. 93*-99f.*)


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