Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 573): Unterschied zwischen den Versionen

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'''Carl Schmitt, Ex Captivitale Salus (Köln 1950)'''
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'''Der Tag. Berlin, 18. Okt. 1927'''
  
Ich war im Herbst 1935 mit dem Dichter Konrad Weiß und
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Graf Kleist-Retzow legt mit kurzem Vaterlandswort den
zwei westfalischen Freunden in Wannsee am Grabe Kleists …
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Kranz der Familie nieder. Zu Häupten des Verblichenen ein
Im Oktober 1944 besuchte ich das Grab zusammen mit meiner
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anderer Kranz von den Offizieren des alten Kleist-Regiments
Tochter Anima. Der alte, bescheidene Grabstein, der schon eine
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mit dem Motto: ''Die Toten siegen.''
gewisse Tradition hatte, war beseitigt worden und durch einen
 
modernen einfachen Stein ersetzt. Die alte spruchhafte Inschrift
 
hatte einem Vers aus dem Prinzen von Homburg weichen
 
müssen:
 
 
 
Nun, o Unsterblichkeit, bist du ganz mein!,
 
 
 
was an diesem Platz allzu anspruchsvoll klang … Inzwischen
 
haben mich die eigenen Erfahrungen getrieben, weiter nachzudenken
 
und auszusprechen, was mir deutlich geworden ist.
 
Kleists Grab ist das Grab eines Selbstmörders. Er hat sich,
 
planmäßig und mit Überlegung, selbst mit eigener Hand getötet.
 
Keine idealistische Rhetorik kann das verblümen oder zerreden.
 
Auf dem alten Grabstein stand der Vers:
 
 
 
Er suchte hier den Tod<br />
 
und fand Unsterblichkeit.
 
 
 
War es wirklich der Tod, den er gesucht hat? Die Todeslust
 
ist nicht der Tod. Und will jemand wissen, was er wirklich gefunden
 
hat? Ich denke heute mit Schrecken daran, daß dieser
 
Selbstmord, der im November 1811 begangen wurde, schon ein
 
Vorbote der Selbstmorde gewesen sein könnte, die im Frühjahr
 
1945 gerade in diesem Teil Berlins und gerade in einer bestimmten
 
sozialen Schicht verübt worden sind …
 
  
 
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Version vom 3. Dezember 2013, 16:30 Uhr

Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Der Tag. Berlin, 18. Okt. 1927

Graf Kleist-Retzow legt mit kurzem Vaterlandswort den Kranz der Familie nieder. Zu Häupten des Verblichenen ein anderer Kranz von den Offizieren des alten Kleist-Regiments mit dem Motto: Die Toten siegen.

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