Heinrich von Kleists Nachruhm (NR 5)

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Heinrich von Kleists Lebensspuren. Eine Wirkungsgeschichten in Dokumenten. Herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Der Selbstmord des Dichters Heinrich v. Kleist und der Frau Adolphine Vogel wird nun in verschiedenen öffentlichen Blättern auf folgende, von den bisherigen Nachrichten abweichende Art erzählt: »Frau Vogel war als eine rechtschaffene Frau allgemein bekannt, litt aber seit Jahren an einem unheilbaren Schaden. Die Ärzte überzeugten sie von der Unvermeidlichkeit eines nahen Todes, und sie faßte den Entschluß, ihm freiwillig zuvorzukommen. Ihr Freund, der Dichter Heinrich v. Kleist, faßte eben diesen Entschluß. Beide fuhren nach einem Wirtshause an der Landstraße von Berlin nach Potsdam (Wilhelms-Brück), an den Ufern des heiligen Sees gelegen. Hier bereiteten sie sich eine Nacht und einen Tag zum Tode vor; sie beteten, sangen und exaltierten sich durch einige Flaschen Wein, Rum und 16 Portionen Kaffee; dann meldeten sie in einem Briefe dem Hrn. Vogel ihr Vorhaben, und baten ihn, eiligst zu kommen, um ihre Leichname zu beerdigen. Dieser Brief wurde mittelst eines Boten nach Berlin gesandt. Sie gingen darauf an die Ufer des heiligen Sees, setzten sich gegen einander über, Kleist zog die Pistole und schoß seine Freundin gerade ins Herz, ladete wieder, und schoß sich vor den Kopf. Bald darauf erschien der Mann, und war untröstlich, denn er liebte seine Frau etc.«

(Aus: Allgemeine Zeitung. Augsburg, 18. 12. 1811)


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