Heinrich von Kleists Nachruhm (NR 7a)

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Heinrich von Kleists Nachruhm. Eine Wirkungsgeschichten in Dokumenten. Herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle NR und laufender Nummer zitiert.]


Authentische Nachrichten über das tragische Ende des Dichters Herrn von Kleist und Madame Vogel, die Frau eines preußischen Beamten. Liebe soll keinen Anteil zu diesem tragischen Ende gegeben haben, es soll platonische Liebe gewesen sein. Madame Vogel litt lange an einem unheilbaren Übel, die Ärzte hatten ihr auch einen frühen Tod vorher gesagt, und sie hatte daher lange in sich den Entschluß genährt, sich zu töten. Hr. von Kleist hatte auch lange diesen Vorsatz sich zu töten gefaßt. Beide entdeckten sich den Entschluß, und führten ihn auch aus. Sie begaben sich in den Gasthof zur Wilhelmsbrücke zwischen Berlin und Potsdam. Eine Nacht und einen Tag bereiteten sie sich durch Beten und Singen zum Tode vor, tranken mehrere Bouteillen Wein, Rum und Caffee. Sie schrieben durch einen Expressen ihren Entschluß Herrn Vogel nach Berlin, mit der Bitte, ihre sterbliche Hülle beerdigen zu lassen. Hierauf begaben sie sich an die Ufer des heil. Sees und setzten sich gegeneinander über. Hr. von Kleist ergriff die geladene Pistole und schoß grade auf das Herz der Mad. Vogel, die tot zur Erde fiel. Er lud hierauf seine Pistole und schoß sich durch den Kopf. Kurz darauf kam Hr. Vogel, und fand sie beide in Blute schwimmend. Die vom Kriegsrat Peguilhen angekündigte Lobrede dieses Selbstmordes erregte bei Leuten von Grundsätzen und Religion den größten Unwillen, und die Zensur bekam deshalb Verweise. Ebenso unklug handelte Hr. Vogel, daß er den Tod seiner Frau in öffentlichen Blättern ankündigte, über den er den dichtesten Schleier hätte werfen sollen.

(Aus: Provinzial-Zeitung. Elherfeld, 24. 12. 1811)


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