Abeken 1908

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Hinweis: Die Literaturangaben der Kategorie "Quellen" sind Helmut Sembdners Sammlung "Heinrich von Kleists Lebensspuren" (Sigle: LS) und "Heinrich von Kleists Nachruhm" (Sigle: NR) entnommen. Im Gegensatz zu Sembdner bringen wir die Texte ungekürzt.


Abeken, Hedwig: Hedwig v. Olfers geb. v. Staegemann. Ein Lebenslauf. Bd. 1. Berlin 1908.


S. 18: Und endlich taucht aus den Nebeln ihrer frühesten Jahre, wie ein schwermütiger Stern, der sich kaum über den Horizont wagt, das Antlitz und die Gestalt des unglücklichen Heinrich v. Kleist auf. Im Hause ihrer Eltern, in dem er verkehrte, hat sie ihn gesehen und gesprochen, und bis in ihre spätesten Jahre war ihr der merkwürdige, im Umgange schüchterne und scheue Mann lebendig und gegenwärtig geblieben. Es scheint, daß der Dichter eine Zuneigung zu der Mutter des früh entwickelten geistvollen Mädchens gefaßt hatte, denn noch am Tage, bevor er mit Henriette Vogel die verhängnisvolle letzte Reise antrat, war er bei Staegemanns erschienen und hatte die Mutter zu sehen verlangt. Er war abgewiesen worden und gegangen, um nicht zurückzukehren, und so oft die alte Frau später von jenem Tage erzählte, wurde ihre Stimme leiser, und sie neigte das Haupt – "wenn ich ihn angenommen hätte damals – wenn – ".

(In Helmut Sembdners Quellensammlungen (Heinrich von Kleists Lebensspuren bzw. Heinrich von Kleists Nachruhm) - ganz oder auszugsweise - aufgenommen als LS 521b.)


S. 158-159: Ich las gestern das "Käthchen von Heilbronn" von Kleist. Ich halte ihn für eins der größten Genies, die je die Welt getragen hat, und sein Stück für das reichste Produkt der Phantasie. Wie Faselei klingt das, und laß es klingen, wie es will, ich werde diese meine Meinung nicht laut werden lassen, doch Tieck und Kleist werde ich allen kommenden und gewesenen Dichtern vorziehen. Ich weiß auch nicht, was so Schönes in dem Käthchen liegt, aber es reizt mich mehr als alles übrige. Gestern bei Tisch wurde von Kleist gesprochen, und wenn mich ein Gespräch sehr interessiert, erfreut oder betrübt, vergesse ich Essen und Trinken.

Hedwig Staegemann, Tagebuch, Berlin, 21. 2. 1811

(In Helmut Sembdners Quellensammlungen (Heinrich von Kleists Lebensspuren bzw. Heinrich von Kleists Nachruhm) - ganz oder auszugsweise - aufgenommen als LS 388.)


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